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Multiple Persönlichkeit

17. September 2009

Ich bin viele…

Multiple Persönlichkeiten? Das klingt erst einmal unheimlich. Da denkt man an „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, an Besessene aus dem Mittelalter.

„Am einfachsten lässt sich diese Persönlichkeitsstörung, die eigentlich gar keine ist, am Beispiel eines Hochhauses beschreiben“, erläutert eine Betroffene. „Auch dort teilen sich mehrere Personen eine Wohnung, andere wohnen allein in einem Apartment, aber alle im gleichen Haus.“ Mehrere ganz unterschiedliche Personen teilen sich einen Körper. Aber immer nur eine ist gerade „da“, das heißt: im Außen. Sowohl für die Betroffenen als auch für das Umfeld ist das sehr anstrengend.

Zumeist dauert es viele Jahre, bis jemand merkt, dass er aus mehreren voneinander unabhängigen Personen besteht, die jeweils ihren ganz eigenen Charakter, ihre ganz eigene Persönlichkeit haben.

„Mit 22 Jahren merkte ich: Ich weiß nichts von meiner Vergangenheit“, beschreibt eine heute 28-jährige Betroffene ihren Prozess. „Ich lebte mit einem Mann in einer Beziehung, von der ich nicht wusste, wie sie zustande gekommen war.“

Ein erstes Anzeichen, dass es sich um eine Multiple Persönlichkeitsstörung handeln kann, können Gedächtnislücken sein, sogenannte Amnesien. Den Betroffenen „fehlt Zeit“. Solche „Blackouts“ können wenige Stunden, in manchen Fällen aber auch Tage, Wochen oder Monate dauern. In dieser Zeit hat eine andere Identität „das Ruder übernommen“, das wissen die Betroffenen aber zunächst nicht.

Für Angehörige und Freunde ist der Umgang mit einer multiplen Persönlichkeit nicht einfach. Denn: Sie wirkt oft launisch, leugnet strikt, bestimmte Dinge getan zu haben – obwohl alle es gesehen haben. Oft vollzieht sich das „Switching“ – der Wechsel von einer Person zur anderen – innerhalb von Minuten, und man steht einem völlig verwandelten Menschen gegenüber, mit einer anderen Stimme, anderen Bewegungen. Oft stellen Ärzte wegen dieser Instabilität zuerst die Diagnose Borderline-Störung .

Über ihre Amnesien und andere merkwürdige Begebenheiten – wie z. B. Zettel mit fremden Handschriften in den eigenen Unterlagen zu finden oder Gegenstände zu besitzen, von denen man nicht weiß, woher sie kamen – trauen die Betroffenen sich nicht, einem Arzt gegenüber zu sprechen: Sie haben Angst, für „verrückt“ gehalten zu werden. Häufig passiert das auch, denn: Erzählt man einem durchschnittlichen Psychiater, dass man Stimmen im Kopf hört, erhält man schnell die Diagnose „Schizophrenie“ und bekommt immer höhere Dosen von Medikamenten, da diese Stimmen der anderen Identitäten ja nicht auf Medikamente reagieren.

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